Die kleine Lokführergewerkschaft GDL hat gezeigt, wie man die Interessen einer Minderheit gegen einen schwachen Gegner durchsetzt. Die Lokführer bekommen deutliche Gehaltserhöhungen und einen eigenen Tarifvertrag. Sie sind jetzt noch besser in der Lage, die Bahn, deren Kunden und die Wirtschaft zu nötigen. Die Bahn hat sich vorführen lassen. Jetzt droht sie mit Entlassungen und Preiserhöhungen. Schon die bisherigen Streiks haben erhebliche Schäden und
Behinderungen verursacht. Die Lokführer stellen sich von ihren Fähigkeiten und Gehaltsvorstellungen gerne auf eine Stufe mit Piloten. Ein gesundes Selbstbewußtsein, das jeder Grundlage entbehrt. Eine moderne Industriegesellschaft kann es sich aber nicht erlauben, erpressbar zu sein. 1981, kurz nach dem Amtsantritts Ronald Reagans, traten die beim Staat angestellten Fluglotsen in einen illegalen Streik. Reagan gab ihnen 48 Stunden, um an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren oder entlassen zu werden. Gerichte verhängten Millionenstrafen gegen die Gewerkschaften, Soldaten regelten den Flugverkehr. Der Streik kollabierte in Rekordzeit. Ähnliche Stärke und Entschlußkraft zeigte Margaret Thatcher Mitte der 80er beim Bergarbeiterstreik in England. Der Streik wurde ergebnislos abgebrochen, die Gewerkschaften waren nachhaltig geschwächt. Ein wirtschaftlicher Aufschwung folgte in beiden Ländern. Thatcher sprach von einer Lektion, die niemand vergessen sollte. Eine Lektion, die den deutschen Gewerkschaften erst noch erteilt werden muß.
© Joachim Nikolaus Steinhöfel 2008