Wenn die Sprache in Europa auf den Irak-Krieg kommt, explodiert die Phrasenmaschine und stößt Begriffe wie „Fiasko“, „Katastrophe“, „Guantanamo“, „Abu Ghraib“ und vielerlei mehr aus. Eine nüchterne Betrachtung der Motive für den Krieg, dessen Verlauf und den aktuellen Stand ist hierzulande ebenso unmöglich wie eine Analyse der Präsidentschaft von George W. Bush. Die Gesprächspartner denken nicht mehr, sie schnappen zu wie dressierte Vierbeiner.
Saddams Regime war eines von Kriegsverbrechern und Mördern, der Irak alles andere als eine Oase des Friedens. Saddam besaß Giftgas und setzte es im Krieg gegen den Iran und auch gegen seine eigene Bevölkerung ein. Er terrorisierte die Bürger seines Landes mit unvorstellbarer Grausamkeit. Die endlosen Massengräber, die immer noch entdeckt werden, legen hiervon ein beredtes Zeugnis ab. Saddam überfiel Kuwait, beging Völkermord an den Schiiten im Süden und den Kurden im Norden. Der moralische Verfall von Kritikern, die all dies nicht, jedoch die Befreiung des Irak durch die USA und ihre Alliierten als verwerflich ansehen, ist ohne Beispiel. Der Einmarsch endete nach einer brillianten militärischen Kampagne mit der Einnahme der Hauptstadt nach nur drei Wochen. Dieser Erfolg wurde durch teilweise haarsträubende Inkompetenz in der Folgezeit bis ca. Ende 2006 allerdings deutlich relativiert.
Die Fehler der Amerikaner und ihrer Verbündeten stellten in dieser Zeit den Schwerpunkt der manipulativen Berichterstattung der Medien hierzulande dar, die jahrelang ausschließlich über Selbstmordanschläge und sonst gar nichts berichteten. Die Meldungen wurden tendenziös und manchmal gar so formuliert, als seien letztlich die Allierten diejenigen, die Kinder oder geistesgestörte Menschen mit Sprengladungen für Mordanschläge auf Marktplätze schickten. Die unwiderlegliche Tatsache, daß die Iraker (wir alle erinnern den violetten Zeigefinger) an drei Wahlen teilnahmen und die Beteiligung dabei trotz teilweise bestehender Lebensgefahr höher war, als bei so mancher Landtagswahl hierzulande, sollte die Perspektive etwas gerade rücken.
Wie würde der mittlere Osten ohne den Sturz des Saddam-Regimes oder ohne militärische Präsenz der USA und ihrer Alliierten aussehen ? Ein Blick zurück nach Ruanda, Burma oder Dafur scheint die Antwort zu geben. Wie würde Saddam angesichts des unverholenen Strebens der Iraner nach der Atombombe reagieren ? Der Irak-Krieg hat – direkt oder mittelbar – Ergebnisse herbeigeführt, die positiv sind. Die Kurden und Schiiten sind vor einem weiteren Völkermord geschützt. Ein brutaler Kriegsverbrecher und seine Schergen wurden in einem öffentlichen Gerichtsverfahren verurteilt und hingerichtet. Verfassungsgebende und ein Parlament konstituierende Wahlen fanden inmitten einer Region von totaliären oder direkt faschistischen Regimen statt. Lybien hat sein Arsenal von Massenvernichtungswaffen unter internationaler Kontrolle vernichtet. Syrien hat sich aus Libanon zurückgezogen. Al Qaida, die vor den Amerikanern im Irak war und den Konflikt im Irak als Entscheidungsschlacht bezeichnet hat, erleidet eine schwere Niederlage nach der anderen und ist im Irak in Auflösung begriffen. Die Terroristen werden unter der Leitung der genialen Generäle Petraeus und Odierno im Irak in großer Zahl getötet – besser als auf den Straßen der USA oder Europas. Die früheren „Aufständischen“ aus dem sunnitischen Dreieck sind fast komplett zu den Amerikanern übergelaufen und bekämpfen mit ihnen gemeinsam Al Qaida. Die Auswirkungen dieser Niederlage auf die Terroristen ist immens. Deren Führer klagen über Desertionen und den versiegenden Fluß an neuen Kämpfern. Die Jihadisten verlieren also militärisch und sie verlieren die Unterstützung der Bevölkerung. Sie sehen sich der einzig konstitutionellen arabischen Regierung im mittleren Osten ausgesetzt, die sie konsequent bekämpft. Und während der selbstgerechte Salon-Linke davon fabuliert, der Krieg habe eine ganze Generation von Muslimen zu Selbstmordattentätern gemacht, scheint es eher richtig zu sein, daß diese erkannt haben, daß es besser ist, keinen Konflikt mit den USA und ihren Verbündeten zu suchen.
Niemand weiß, ob der noch amtierende Präsident der USA von der Geschichte nicht völlig anders beurteilt werden wird, als von seinen Zeitgenossen. Als derjenige, der den Mut hatte, mit dem Dogma der Stabilitätsorientierung und der einhergehenden Unterstützung totalitärer Regime im Nahen und Mittleren Osten zu brechen und den Versuch zu unternehmen, einer gepeinigten, gequälten und unterdrücken Region Freiheit und Demokratie und mithin die Chance zu bringen, aus einer Welt von Terror, Verfall, Genitalverstümmelung, Unterdrückung von Frauen, Zwangsheiraten und Ehrenmorden auszubrechen und Zugang zu finden zur freien Welt, zu Menschenwürde, Gleichberechtigung, Religionsfreiheit und Demokratie. Der moralische Verfall der meisten europäischen Regierungen, die sich vor dieser geschichtlichen Herausforderung wegducken, lavieren und nur ihre ökonomischen Interessen im Auge haben, erscheint im Vergleich besondern verwerflich.
© Joachim Nikolaus Steinhöfel, 2008.