Döpfner

Man muss in den regierungsnahen öffentlich-rechtlichen Medien nicht lange suchen, um sorgevoll-staatstragende Kommentare über den Rechtsruck im Osten zu lokalisieren, der sich darin abzeichne, dass die AfD bei der letzten Bundestagswahl in Sachsen und Thüringen stärkste Partei wurde. Die Interessen dieser Wähler (in der Terminologie unseres Probanden: Ossis) seien, so zitiert der MDR einen Rechtsextremismusforscher, „offensichtlich antidemokratisch, rechtsextrem und völkisch.“ Antidemokratisch war auch der versuchte Eingriff in die Ministerpräsidentenwahl in Thüringen durch Angela Merkel, von der Döpfner nichts hält. Das Verfassungsgericht hat Merkel den  Verfassungsbruch im Juni 2022 in einem Urteil ins Stammbuch geschrieben.

„Die ossis sind entweder Kommunisten oder faschisten. Dazwischen tun sie es nicht. Eklig.“

Döpfners Tonalität unterscheidet sich nicht groß von der des früheren Ostbeauftragten der Bundesregierung, Marco Wanderwitz (CDU):

„Wir haben es mit Menschen zu tun, die teilweise in einer Form diktatursozialisiert sind, dass sie auch nach dreißig Jahren nicht in der Demokratie angekommen sind“.

Oder von dem, was ein führender Grüner den AfD-Abgeordneten attestierte, nämlich

offenen und ekelhaften Rassismus“.

Ekelhaft oder eklig, das eine in einer privaten SMS formuliert, das andere im Bundestag ausgesprochen. Hier Empörung, dort serviler Beifall.

Wenn man diese SMS von Mathias Döpfner sprachlich korrigiert, ist ihr Inhalt eine Binsenweisheit, wie sie tausendfach in Medien, in Parlamenten und privaten Debatten formuliert wurde. Und ganz, ganz sicher vor allem in den Redaktionen der Zeitungen und Sender, die jetzt empört hyperventilieren und laut wissenschaftlicher Erhebungen ohnehin mit absoluter Mehrheit rot-grün eingestellt sind. Denn dann lautet sie:

„Populistisch-extremistische Kräfte sind in den neuen Bundesländern bei Wahlen stark. Das missfällt mir.“

Glaubt jemand, die privaten SMS von Georg Restle oder Anja Reschke würden sich in ihrer eindeutigen politischen Positionierung deutlich unterscheiden? Im Gegenteil, die beiden formulieren sowas öffentlich auf Twitter. Was lernen wir aus Döpfners privaten Nachrichten, geleakt als Folge einer Privatfehde? Döpfner mag Windräder nicht, spricht sich für Intoleranz gegenüber intoleranten Religionen aus (eine rechtsstaatliche Selbstverständlichkeit), erachtet Merkel als „sargnagel der Demokratie“, spricht von „afd wichsern“, er sorgt sich um das Versagen der Politik und der Eliten in der Corona-Krise (Politik und Wirtschaft würden „unsere offene Gesellschaft zerstören“), hält nichts von Laschet („langweilig aber gründlich und einigermaßen berechenbar) und nichts von Söder („opportunistisch“, „schlechter Charakter“). Döpfner setzt auf die FDP, „nur wenn die sehr stark wird…wird das rot grüne Desaster vermieden.“

Man mag diese Meinungen teilen oder man mag sie als unzutreffend erachten. Skandalös ist daran gar nichts, töricht allerdings die Wortwahl angesichts der exponierten Position Döpfners.

Natürlich sind diese Leaks eine Story und natürlich muss darüber berichtet werden. „Und doch will die Affäre nicht vergehen, sie verfolgt Döpfner bis heute“, schreibt die „Zeit“, die gestern auf zwei auf der Titelseite angekündigten Seiten dafür sorgte, dass die Affäre, die nicht vergehen will, nicht vergeht.

Der längste Beitrag in der gestrigen 19:00 Uhr-Ausgabe von „heute“ im ZDF war „Döpfner“.

War das wirklich das wichtigste Thema des Tages? Ausgerechnet die von Skandalen gesättigten, regierungsnahen und auch politisch angeschossenen öffentlich-rechtlichen Medien wittern die Gelegenheit, einen weltanschaulichen Gegenspieler zu erlegen. Dumm, dass Döpfner ihnen das Material dazu liefert, heuchlerisch und verlogen die Sorgenfalten der politisch-medialen Gegner. Denn das ist es, worum es ihnen in erster Linie geht. Einen Verlag und dessen Chef, der mit erheblicher Reichweite bürgerlich-liberale Positionen vertritt, zur Strecke zu bringen.

* Der Autor ist Verfasser einer regelmäßigen Kolumne in der zum Springer-Verlag gehörenden „BILD“-Zeitung.

 

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Kommentare

  1. Martin1

    Na ja, hier geht es ja um mehr!
    Bilderberger Döpfner scheint auf Widerstand beim (relativ neuen) Eigner des Axel Springer Verlags gestoßen zu sein… Vllt. nimmt man ihm auch die Entlassung von Reichelt übel, und auch Ralf Schuler ist weg.
    Jedenfalls kommt diese Indeskretion nicht zufällig zu dieser Zeit.

  2. Sebastian Wulf

    Die „Zeit“ hyperventiliert, um den CO2-Gehalt unter der Milieu-Kuppel zu vermindern, und in München geht das letzte deutsche AKW aus dem Lastbetrieb…

  3. Thomas Schmied

    @Klaus Delung, wer totalitären Geistern gefallen will, muss sich ihnen zu 100% unterwerfen. Die halbe Seele kann man dem Teufel nicht verkaufen. Wer es versucht, wird ebenfalls fertig gemacht, völlig egal, wie stark man sich zuvor angebiedert hat.

  4. Klaus Delung

    Natürlich ist das Ganze eine konzertierte Aktion linksgedrehter Medien. Leider macht auch Döpfner hierbei keine gute Figur, denn er hat ja in letzter Zeit versucht, sich – offenbar entgegen seinen Überzeugungen – diesem linken Milieu anzudienen (weshalb mehrere Springer-Journalisten entlassen wurden oder gekündigt haben). Sollte Döpfner diesen Angriff abwehren können, sollte er vielleicht noch einmal darüber nachdenken, ob seine Anbiederung eine gute Idee war.