Facebook macht sich mit Blutwurst-Mehmet gemein

Ich habe noch nie sonderlichen Respekt vor internationalen Großkanzleien mit tausenden von Berufsträgern gehabt. Natürlich gibt es da hervorragende Juristen, wie zB meinen Freund Andreas H. Meyer, den vielleicht besten Gesellschaftsrechtler hierzulande. Häufig trifft man aber auch auf nur berechenbar denkende und argumentierende Durchschnittsanwälte, die anstelle eines klugen Gedankens 44 Seiten anwaltliche Ausschußware fabrizieren. In letzter Zeit habe ich es ja bekanntlich häufiger mit Facebook zu tun. Und was deren Vertreter an Leckerbissen fabrizieren, werde ich in absehbarer Zeit einmal geschlossen zusammenstellen. Häufig ist das servile Getue gegenüber der eigenen Mandantin schwer zu ertragen und die teilweise beschämenden Rechtfertigungsversuche für semi-totalitäre und freiheitsfeindliche Bevormundung nur mit Mühe zu lesen. In rechtlich oft aussichtsloser Lage (dann werden die Schriftsätze noch länger), kommt dann aber auch einmal sowas dabei heraus (Verfahren vor dem LG Hamburg):

„Zur Vermeidung von Zweifeln stellt Facebook klar, dass der streitgegenständliche Inhalt nicht gegen seine Bedingungen und Richtlinien verstößt“.

Und darum geht es:

„Fuck you Ahmad M…! Wer bist du Vogel, dass du einen aus freien Wahlen hervorgeganges Staatsoberhaupt Diktator nennst?! Elender Heuchler und Arschkriecher du!“

Im vorangehenden Eilverfahren hat das Landgericht diese Aussage zwar als „Schmähkritik und einen Verstoß gegen § 185 Strafgesetzbuch“ (Beleidigung) erachtet. Aber Facebooks Expertentruppe weiss es besser:

„Der Nutzer, der den Kommentar gepostet hat, versuchte, den Artikel als Gelegenheit zu nutzen, den Kläger aufgrund seiner einseitigen politischen Aussage zu kritisieren, weil er den türkischen Präsidenten als ‚Diktator‘ beleidigte und Herrn Ozil beschuldigte, sich mit einem Diktator ablichten zu lassen. Und in der Tat wurde Präsident Erdogan vom türkischen Volk zum Präsidenten der Türkei gewählt, wie der streitgegenständliche Kommentar richtig sagt.“

Ah, ein zulässiger Kritikversuch war das also. Facebook stramm in Sachen Meinungsfreiheit auf Seiten des lupenreinen türkischen Demokraten. Erdogan „Diktator“ zu nennen, ist also eine Beleidigung, „Fuck you“, „elender Heuchler“ und „Arschkriecher“ hingegen nicht. Verfasser des Posts, für den auch Facebook haftet, war übrigens „Blutwurst“-Mehmet, bei dem wir zwischenzeitlich schon mit der einen oder anderen einstweiligen Verfügung vorstellig wurden. Dass Facebook Hamed Abdel-Samad kürzlich wegen Hassrede gesperrt hat, weil der Begriffe wie „Feigling“ und „Heuchler“ verwendete, mag man da schon gar nicht mehr erwähnen. Man erschiesst ja auch keinen angetrunkenen Hamster mit dem Repetiergewehr und brüstet sich damit.

Ach ja, in Sachen Hamed ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.

© Joachim Nikolaus Steinhöfel 2019

 

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