Der NSU-Thriller, den Fatih Akin zu drehen nicht den Mut hatte

Von Michael Klonovsky

„Aus dem Nichts“, der neue Film von Fatih Akin, fällt unter die Kategorie Thriller und ist der erste Spielfilm, der den NSU zum Gegenstand hat. Mit Diane Kruger spielt ein leibhaftiger sogenannter Hollywood-Star die Hauptrolle. Diese Figur heißt Katja Sekerci, ist mit einem Kurden verheiratet, der vor der Geburt des gemeinsamen Kindes sein Geld als Drogendealer verdiente. Ihr Mann und ihr fünfjähriger Sohn werden bei einem Bombenanschlag getötet. Die Polizei vermutet einen Racheakt unter Drogenhändlern vor dem Hintergrund von Auseinandersetzungen verfeindeter ausländischer Organisationen. Später fassen die Fahnder zwei Verdächtige ganz anderer Art: ein junges Neonazi-Paar. Die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage, doch die Neonazis werden aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Katja ermittelt auf eigene Faust weiter und nimmt Rache, indem sie einen Selbstmordanschlag auf die Täter verübt.

Ich habe „Aus dem Nichts“ nicht gesehen, weil mich Thriller nicht interessieren, hoffe allerdings, dass es nicht der einzige Film zum Thema bleibt. Ich wünschte mir beispielsweise, jemand näherte sich im Modus von Oliver Stones „JFK – Tatort Dallas“ den vielen Ungereimtheiten im Zusammenhang mit den Morden, die dem Neonazi-Trio angelastet werden. Die spektakulärsten, in der aktuellen Cato-Ausgabe zusammengefassten Widersinnigkeiten lauten: Drei Typen von nicht eben überragender Intelligenz schaffen es, 13 Jahre unentdeckt im Untergrund zu leben, obwohl sie zur Fahndung ausgeschrieben und von V-Leuten förmlich umzingelt sind; an keinem der 27 Tatorte und an keiner Tatwaffe findet sich auch nur eine einzige DNS-Spur der angeblichen Täter; diese extrem professionellen und kaltblütigen Serienmörder verlieren angesichts eines thüringischen Streifenwagens die Fassung, setzen ihr Wohnmobil in Brand und bringen sich um, aber in den Lungen findet sich nicht ein Rußpartikel. Sieben Tage nach dem Doppeltod zu Eisenach beginnt im Bundesamt für Verfassungsschutz eine große Aktenvernichtungsaktion, andere Akten werden für sage und speie 120 Jahre gesperrt, aber bevor irgendein Ermittlungsergebnis auch nur im Ansatz festeht, weiß die Bundesregierung, was diese beiden Figuren alles veranstaltet haben und dass sie die Täter in diversen, bislang dem kriminellen Milieu zugeschrieben Morden waren, und die Kanzlerin überträgt stracks die Schande für den ausländerfeindlichen Terror auf das ganze Land. Welch ein Stoff für einen Polit-Thriller! Und für eine Mediensatire obendrein, denn die freie Presse fraß brav die offiziellen Darstellungen und verbreitete sie in aller offenbar geboteten Devotion.

Warum unseren Genossen Medienschaffenden all diese Bizarrerien kaum einen Einwand wert waren, ist bekannt, und aus demselben Grund würde auch kein Regisseur einen solchen Film drehen, kein Produzent würde ihn finanzieren, kein Verleih in die Kinos bringen, allein der Versuch würde zur Stigmatisierung der Beteiligten und ihrer Exkommunikation aus der Fördermittelverteilung und dem Kulturbetrieb überhaupt führen, denn hier geht es nicht um Wahrheit und Legende, um Glauben und Skepsis, sondern um Gut und Böse. Schon der Verdacht, an der offiziellen Version könne etwas nicht stimmen – der auch dann in einem freien Land legitimerweise geäußert werden darf, wenn sie am Ende doch stimmt –, fiele unter Neonazi-Verharmlosung, Ausländerfeindlichkeit, Verschwörungstheorie, Regierungskritik und was der aktuelle Lasterkatalog sonst noch an Schandkriterien bereithält. So sieht das geistige Klima am Ende bzw. im letzten Viertel der Ära Merkel aus.

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Kommentare

  1. Schmittgen

    Sehr geehrter Herr Steinhöfel, der Zufall wollte es, dass ich Ihren obigen Kommentar erst heute (5.2.2018) gelesen habe. Vielleicht interessiert es Sie zu erfahren, dass der großartige und mutige Journalist Stefan Aust derzeit an einer umfangreichen filmischen Dokumentation der Vorgänge und den damit eng verbundenen Ungereimtheiten im Zusammenhang mit der NSU-Affäre arbeitet. Jedem kritischen Beobachter dürfte klar sein, dass hinter diesen NSU-Morden denkbar durchaus ganz andere, weitere Motive, Drahtzieher und Interessen stecken, als die offiziell verlautbarten. Warten wir´s mal ab.

  2. MrsNoname

    …und das ist längst nicht der einzige Fall dieser Art in Hessen (…).
    Dass Hessens staatliche Institutionen, und das betrifft nicht nur, aber besonders die Exekutive, (u.a.) gegen Antisemitismus nicht nur nicht vorgehen, sondern diesen gezielt fördern, weiß ich aus eigener Erfahrung. Es wird sich gezielt verweigert gegen u.a. antisemitische Gewalt/Eskalation vorzugehen -sei diese nun von von Migranten oder Deutschstämmigen: Anzeigen oder Hinweise werden von der Polizei/dem Staatsschutz bewusst ignoriert; belassen es die Opfer nicht dabei, werden Ermittlungen und Täter-Befragungen verweigert, während Opfern gedroht wird mit „unangenehmen Prozessen“ u.ä. Es „verschwinden“ ganze Anzeigen oder Schriftstücke von Zeugen spurlos (…), und gegen Antisemitismus Vorgehende sucht man (amtsmissbräuchlich) durch Diskreditierung/Verleumdung (gerne hinter vorgehaltener Hand) auszuschalten. So wurde erst kürzlich das bzgl. Antisemitismus aufklärende Anne-Frank-Zentrum mit kruden -jedoch in den Ohren der (hessischen) Masse wohlklingenden, und daher unterstützungsfähigen…- Vorwürfen diskreditiert, und dessen Kompetenz durch den CDU-Innenminister eingeschränkt. Ausgerechnet der hessische Verfassungsschutz(!) (vgl. Andreas Temme…) soll nun deren „Pädagogen prüfen“: http://www.hessenschau.de/gesellschaft/verfassungsschutz-soll-paedagogen-und-berater-pruefen,zuverlaessigkeitspruefung-100.html
    Zufällig weiß ich, dass Mitarbeiter dieses Zentrums kurz zuvor Einblick in jene Missstände bei der hessischen Polizei bekame (…).
    Gleichzeitig werden in Kinder-Erziehungsanstalten -und ich habe täglich Einblick in solche- oder privaten Einrichtungen gezielt entsprechende Hetzer und (3.Reichs-)Gewaltverherrlicher eingesetzt oder belassen, die Hasskriminalität gezielt befeuern und eskalieren.
    Von „Zufall“ oder „Einzelfall“ kann man also längst nicht mehr reden, vielmehr kristallisiert sich hier eine Systematik heraus, die jede Mafia in den Schatten stellt (…).
    Wer es wagt zu reden, wird mindestens diskrediert (siehe z.B. hier: http://www.hessenschau.de/gesellschaft/yozgats-eltern-beschuldigen-ministerpraesident-bouffier,schlussvortrag-yozgat-muenchen-100.html), jenseits der Öffentlichkeit Stehende hingegen werden härter angegangen bzw. gemobbt, isoliert, bedroht oder mit dem Androhen (falscher) „Verleumdungs-„Anzeigen zum Schweigen genötigt, oder, oder, oder…: Nützliche Helfershelfer in der Bevölkerung finden sich mittlerweile zuhauf (…).

  3. E.H. Stiller

    Täuschungsaktionen aller Art scheinen jetzt en vogue zu sein. Auf beiden Seiten. Der Bundeswehrleutnant Franco H. liess sich als angeblicher Flüchtling registrieren – aus welchen Gründen auch immer (er wurde gerade aus der Haft entlassen). Während vor einigen Tagen auf einer Demo in Paris 11 „Identitäre“ wg. Waffenbesitz festgenommen wurden. Der Standard und die üblichen verdächtigen österr. Blätter berichteten. Jetzt stellten sich die „Identitären“ als Linksradikale heraus, wie die Pariser Polizei meldete. Der Standard und die üblichen verdächtigen österr. Blätter berichteten natürlich nicht. Man könnte sich fragen, ob wirklich nur Rechtsradikale Hakenkreuze schmieren und Feuerchen legen. Da ist es doch gut, dass in einigen Polizeistatistiken Gewalttaten gegen Ausländer unklarer Täterschaft automatisch den Rechten zugeschrieben werden. Das erspart einem mühsames Nachdenken -und -Recherchieren.

  4. Vadderland

    „Schade das der verlinkte Text soviele Rechtschreibfehler enthält, vielleicht schaut da noch mal jemand drüber.“ aus Twitter!

  5. J.Schuster

    Mich würde es nicht wundern , wenn da wieder jede Menge einGEZogenes Geld mit versenkt worden ist .

  6. Der Krimi von Wolfgang Schorlau „Die schützende Hand“ und dessen Verfilmung haben sich zentraler Unstimmigkeiten im NSU-Fall bereits sehr gut angenommen.
    Alpha und Omega des NSU-Narrativs ist der angebliche erweiterte Selbstmord von Eisenach-Stregda. Schorlau hat hinreichend gezeigt, dass (nicht nur) hier die offizielle Version einfach nicht stimmen kann.
    Wem das noch nicht reicht, der kann in dieser Dokumentation seit 3 Jahren nachlesen, dass auch die Medien eine andere Version der Ereignisse in Stregda kennen, aber offiziell sehr kunstvoll verbergen:
    https://hintermbusch.files.wordpress.com/2016/12/ruc39findenaugenderredakteure.pdf

  7. Claus

    In dem Akin-Streifen fehlt dann wohl auch die cineastisch-dramaturgische Umsetzung der Geschehnisse in Kassel: Ein Mann des Verfassungsschutzes ist in einer Internet-Bude, als deren Betreiber ermordet wird. Er ist dort, weil er zuhause kein Internet hat und muss über den am Boden liegenden Ermordeten hinwegsteigen, um sich zu absentieren, bevor die Polizei kommt.
    Von der Schießerei hat er aber nichts bemerkt und musste auch, wie ich das verstanden habe, weder in München noch sonstwo als Zeuge auftreten.

  8. Angesichts unserer Vergangenheit ist es furchtbar, wenn Neo-Nazis „Ausländer“ umbringen. Infam ist, wenn das erlogen wird, um von den wahren Hintergründen und Tätern abzulenken. Wie war das in Hessen mit angeblichen „jüdischen Erblassern“, die der CDU Geld gespendet hätten?

  9. Caro

    „Die Gerechtigkeit wohnt in einer Etage, zu der die Justiz keinen Zugang hat.“
    Friedrich Dürrenmatt (1921-1990)