Schlappe für Maas: Wissenschaftlicher Dienst hält Netzwerkdurchsetzungsgesetz für europarechtswidrig

Viele Juristen und Verbände haben sich auf den Standpunkt gestellt, dass das kontroverse „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“, mit dem Justizminister Maas die sozialen Medien zu reglementieren gedenkt, schweren verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Bedenken begegnet. Den Justizminister hat dies nicht weiter beeindruckt. Seit dem 31.05.2017 existiert nun eine Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages mit dem Thema: „Der Entwurf des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes – Vereinbarkeit mit dem Herkunftslandprinzip“. Diese Ausarbeitung liegt mir in vollem Umfang vor. Sie prüft die Vereinbarkeit des Entwurfs des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes mit Europarecht. Genauer: Mit Teilen der E-Commerce Richtlinie 2000/31/EG2. Die Wissenschaftlichen Dienste arbeiten nach eigenen Angaben parteipolitisch neutral und sachlich objektiv. Danach ist Maas‘ Gesetz europarechtswidrig.

Neben weiteren, für sich allein durchgreifenden Bedenken ist insb. der letzte Absatz des Gutachtens vernichtend für den Justizminister. Dieser lautet:

Fraglich ist, ob eine unionsrechtskonforme Auslegung des NetzDG-E möglich ist, so dass das NetzDG-E für Netzwerkbetreiber aus anderen Mitgliedstaaten nur greift, wenn die Normen des betreffenden Mitgliedstaats vergleichbare Vorgaben postulieren und das deutsche Recht mithin nicht strenger ist als das Recht des Sitzmitgliedstaats oder im fraglichen Einzelfall eine Ausnahme vorliegt und die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 4 der E-Commerce Richtlinie erfüllt sind bzw. werden, sodass das NetzDG-E Anwendung finden kann. Dagegen sprechen Begründung und Formulierungen des NetzDG-E, welche eine Anwendung der Normen des NetzDG-E auf Betreiber aus anderen EU-Mitgliedstaaten vorsehen und dafür keine vergleichbaren Regelungen im Sitzmitgliedstaat oder ergänzende Anforderungen gemäß Art. 3 Abs. 4 der E-Commerce Richtlinie voraussetzen.“ Hervorhebungen durch den Autor

Ein weiteres Gutachten, das sich mit den verfassungsrechtlichen Implikationen des Gesetzesvorhabens befasst, wird in der nächsten Woche erwartet. Dem Vernehmen nach sind die Juristen über die fachliche Qualität des Gesetzes fassunglos und die Verfassungsrechtler des Wissenschaftliches Dienstes haben schwerste Bedenken.

© Joachim Nikolaus Steinhöfel 2017

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Kommentare

  1. Lutz Herzer

    Herr Schulz, sagen Sie was! Ja, Sie Herr Schulz. Etwas lauter bitte. Haaalllooo Herr Schuhulz. Ich kann nichts hören….

  2. Gundillo

    Das kommt raus, wenn man aus reinem Eigennutz die Prädikatsjuristen von Saarbrücken nach Berlin entsorgt. Dort darf man dann frei Schauze a la 1. Semester seine eigenen,bei Salisch gekupferten Schriftsätze rausrotzen und der Prof(in) Angela steht im Bundestags-Seminar zur Seite, streichelt das kleine Köpfchen und sagt mitfühlend „Wird schon noch, Heiko! Schau Dich um: Wir sind hier 400 Personen im Raum. Nur 250 werden zum Schluß noch da sein. Für die SPD-Zentrale reichts bei Dir hinterher allemal. Also nicht den Mut verlieren“.
    Eigentlich darf man nicht drüber nachdenken, was uns regiert….

  3. Maggie

    Danke Herr Steinhöfel. Wir alle müssen uns entschieden gegen „diese Eliten“ stellen die ähnlich 1933 erst möglich gemacht haben.

  4. Martin Landvoigt

    Klartext: Wenn dieses Netzwerkdurchsetzungsgesetz beschlossen wird, gibt es eine umgehende Verfassungsklage. Dann wird sich der Bundestag abermals blamieren, wenn er trotz fachkundiger Warnung Gesetze beschließt, die keinen Bestand haben. Der Anteil der Juristen sollte doch im Bundestag fast so groß sein wie der der Lehrer.

    Die Blamage ist aber bereits bei Heiko Maas – so einen Unsinn überhaupt so weit voran zu treiben, und bei de Mitarbeitern seines Hauses, die da offensichtlich wie die Geisterfahrer mitwirkten.

  5. GapaK

    Vielen Dank Herr Steinhöfel, dass Sie uns, juristische Laien so wehement, unermüdlich und
    engagiert über diese Angelegenheit aber auch über anderes informieren. Große Anerkennung dafür.

  6. Als juristischer Laie bin ich für Ihre sachkundigen und erhellenden Auskünfte ebenso dankbar wie für die damit verbundene Hoffnung, dass der „Querdenker“ im Rechtsstaat totalitären Impulsen aller möglichen Korporationen (noch) nicht hilflos ausgeliefert ist.