Von Wolfgang Röhl
„Nazi-Siedler umzingeln Hamburg. Ihr Ziel: Herrschaft über die Dörfer“. So titelte die „Hamburger Morgenpost“ neulich. Eine alarmierende Grafik, wie einer Kriegsausgabe der Deutschen Wochenschau entnommen, zeigte den Vormarsch der braunen Horden. Hakenkreuzflaggen waren da geballt im Hamburger Umland zu sehen, ebenso im meckpommerischen Dunkelschland. Eine Hitler-Swastika flatterte sogar südlich von Kiel, dem Born demokratischer Urgesteine wie Ralf Stegner.
Für mich war der Bericht ein Schock, lebe ich doch in einem Dorf bei Hamburg. Dort habe ich mich bisher vor Nazis sicher gefühlt. Aber wird das so bleiben? Da ich wohl nicht genug den Anfängen gewehrt, stattdessen immer feige weggeguckt habe, werde ich dafür nun die verdiente Quittung kriegen? Wehrsportübungen auf Nachbars Wiese? Rauschende Gartenpartys am 20. April? Marschmusik all night long? Woher kommt die Nazibrut, was hat sie vor?
Schon seit Jahren, berichtete die Mopo, würden sich „völkische Siedler“ im Norden niederlassen, „Anhänger der faschistischen Blut-und-Boden-Ideologie“. Das Tückische: sie fallen in „Sippen“ über den ländlichen Raum her, erregen bei harmlosen Gemütern jedoch keinerlei Anstoß. Sie engagieren sich in Sportvereinen, Kirchen, Schützenvereinen und in der Elternvertretung an der Schule. Pflegen Brauchtum wie den Maitanz und halten reaktionäre Rollenbilder hoch. Die Frauen sind für Haus und Hof zuständig, die Männer schaffen das Geld ran und haben das Sagen. Alles stinknormal, vordergründig. Wie es sich auf dem deutschen Land und in vielen Zuwanderermilieus so gehört.
Die aktuelle Nazisturmwarnung ist Frucht einer, nun ja, Studie der Amadeu-Antonio-Stiftung. Diese Initiative hat sich dem Kampf gegen „rechts“ verschrieben, beziehungsweise den damit verbundenen Möglichkeiten der Spendengenerierung und der Fördergeldabgreifung aus Quellen wie dem Bundesinnenministerium. Die Stiftung wurde übrigens 1998 von einer Dame gegründet (und wird von dieser seit 2003 hauptamtlich geleitet), welche zwischen 1974 und 1982 als „IM Victoria“ für die Stasi gespitzelt hatte. Was in antifaschistischen Zusammenhängen offenbar kein Makel ist, womöglich eher ein Befähigungsnachweis.
„In den Gemeinden“, weiß die Stiftung, „treten die völkischen Siedler/innen als nette, hilfsbereite Nachbar/innen auf, die sich mit ihrer zupackenden Art beliebt und letztendlich unentbehrlich machen.“ Das haben sie mutmaßlich von der Partei SED/PDS/Die Linke gelernt, die genauso verfährt. Um sich vollends „wie Fische im Wasser“ (Mao) zu bewegen, gründen die Nazis Handwerkskooperativen und Biobauern-Verbände. „Auffallend ist“, schreibt die Mopo, „dass sich viele stark ökologisch engagieren – weil Atomenergie und Gentechnologie aus ihrer Sicht ein ‚jüdisches Übel‘ sind.“ Und wahrscheinlich, vermute ich mal, halten sie den Staat Israel für eine Geißel der Menschheit. Mit dieser Einstellung fallen sie im Reich der Friedensfreunde und Biobewegten überhaupt nicht auf.
Der Ökodrall der Nazi-Siedler treibt die Stiftung besonders um. Davon irritiert, dass braune Naturfreunde vielfach als grüne durchgehen, führt die Siedler-Untersuchung zu diesem heiklen Punkt aus:
„Die völkischen Siedler/innen entscheiden sich für ein Leben auf dem Land, um jenseits größerer Städte eine unabhängige, rückwärtsgewandte Lebensweise zu führen. In dünn besiedelten Gebieten können sie ungestörter ihrer menschenfeindlichen Weltanschauung folgen und ihre Kinder mit weniger Einflüssen von außen erziehen. Häufig arbeiten die völkischen Siedler/innen in traditionellen Berufen wie der (Bio-)Landwirtschaft, im Kunsthandwerk oder als Hebammen und haben einen starken Bezug zum Naturschutz. Ein Leben auf dem Land und eine ökologische Produktionsweise sind noch lange kein Verweis auf völkisches Siedeln. Aber die völkischen Siedler/innen treffen in ihrer Umgebung auf viel Zustimmung, weil sich ökologisch nachhaltige Konzepte in der Gesellschaft zunehmend durchsetzen, während ein kritisches Bewusstsein für problematische Überschneidungen zu rechten Naturschützer/innen häufig fehlt. Die völkischen Siedler/innen werden so oft nur als harmlose alternative Aussteiger/innen gesehen, Naturschutz dient ihnen aber lediglich dazu, die deutsche ‚Volksgemeinschaft‘ und ihren ‚Lebensraum‘ zu bewahren.“
Das Brett vorm Kopf, welches die Autoren der Studie spazieren führen, versperrt freilich manchen Zugang zum Phänomen des völkischen Siedelns. Zum Beispiel die Tatsache, dass die gern kleinteilig vor sich hin wurschtelnde Szene der Ökofreaks von Anfang an „rückwärtsgewandte Lebensweisen“ pflegte. Über die braunen Wurzeln der grünen Bewegung ist mittlerweile so viel recherchiert und geschrieben worden (zum Beispiel hier), dass Jeremiaden über den angeblichen Klau grüner Ideen durch nazistische „Sippen“ bestenfalls ahnungslos anmuten.
Wahrscheinlicher ist, dass die Klageführer sich bloß dumm stellen. Für ein linkes Tendenzprojekt wie die Amadeo-Antonio-Stiftung wäre es selbstredend höchst peinlich, mal festzuhalten: grün und braun passt in vielen Punkten – wenn auch beileibe nicht in allen – prima zusammen. Beide Richtungen haben beispielsweise Antiamerikanismus, Antikapitalismus, Globalisierungsfeindschaft, und Abscheu vor modernen landwirtschaftlichen Produktionsmethoden sowie Atomkraftwerken in ihrer ideologischen DNA.
Auch das könnte ein Grund sein, weshalb die völkischen Siedler „bisher wenig aufgefallen“ sind, wie die Stiftung moniert. Wenn derlei Gestalten im Wendland, Hotspot grüngestrickten Wurzelseppentums und militanter Castor-Blockaden, irgendwie auffallen wollten, müssten sie auf dem Marktplatz von Lüchow schon lauthals „Heil Hitler!“ brüllen.
Oder liegt der Hauptgrund für die bisherige Unauffälligkeit der Nazisiedler darin, dass es sich bei ihnen vielleicht bloß um eine verschwindend kleine, zum Popanz aufgeblasene Minderheit handelt? Ein Häuflein versprengter Sektierer, einflussloser NPD-Fuzzis, lachhafter Großfamilien-Faschos, allesamt zusammengenommen nicht mehr als eine quantité négligeable? Es gäbe, räumt die Stiftung ein, „keine offiziellen Statistiken über sie. Doch Beratungsstellen erhalten zunehmend besorgte Anfragen von Menschen, die mit den Siedler/innen zu tun haben.“
Anfragen. Zunehmend. Besorgt. Klingt nicht gerade nach einer dramatischen Faktenlage. Eher wie: Wir basteln ein Problem – irgendwas mit Rechten. Die Kohle fließt uns dann ganz von selbst zu. Wenigstens ich bin nun etwas weniger besorgt. Dass Ewiggestrige mein Dorf mittelfristig umzingeln könnten, halte ich nach sorgfältiger Lektüre der Studie für nicht sehr wahrscheinlich. Die Ewigmorgigen werden das verhindern. Die nächste Studie kommt bestimmt.
Zuerst erschienen auf „Die Achse des Guten„.
Solange die völkischen Siedler, von denen ich bisher noch nie gehört habe, ihre Nachbarn in Ruhe lassen und sich nicht auf dem Marktplatz in die Luft sprengen, um in Odins Paradies zu gelangen, sollen sie völkisch siedeln, soviel sie wollen.
Bei den islamvölkischen Siedlern sieht es leider recht oft ganz anders aus. Diese Siedler können es nicht ertragen, zuzusehen, wie wir leben und wollen uns bekehren, an den barmherzigsten Gott aller Zeiten zu glauben. Was sie gelegentlich tun, um das zu erreichen, wissen alle außer den Leuten von der A-A-Stiftung.
Und Ministerialbebamte oder gar MinisterInnen fallen auf solche ideologische Schwachmaten herein und finanzieren diesen Blödsinn. Hauptsache gegen Rechts. Was immer man sich darunter vorstellt.
Es ist in Wahrheit viel schlimmer. Herr Röhl wird sich noch wundern, wie sehr er von Kämpfern gegen Rechts umzingelt udn durchsetzt wird. Oder wird sein Dorf von diesem Windmühlenkämpfern verschont bleiben. Der Kämpfer gegen Rechts ist so sicher wie die Windkraftanlage.