Karlsruhe macht sich lächerlich

Die heutige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts unter ihrem Präsidenten Voßkuhle zu den Anleihekäufen der EZB (Staatsfinanzierung durch die Notenpresse) sollte man vor dem Hintergrund eines Interviews lesen, dass Voßkuhle im Januar dem „Deutschlandfunk“ gegeben hat. Dort sagte er:

„Wir haben tatsächlich im Augenblick eine Zeit, in der die Frage, ob Recht in jeder Beziehung gilt, ein bisschen – ja – die Frage nicht mehr so eindeutig beantwortet wird, wie wir das vielleicht vor fünf Jahren gemacht hätten. Da ist auch im Zuge der Europäisierung eine gewisse Sensibilität dafür eingetreten, dass man häufig oder immer mal wieder rechtliche Regelungen nicht durchsetzen kann oder Verträge weit ausgelegt (werden müssen) ….und das hat das Vertrauen in die Unverbrüchlichkeit des Rechts etwas, das Vertrauen etwas ja relativiert.“

Voßkuhle hat sich als oberster Richter der Republik von dem für einen Rechtsstaat fundamentalen Grundsatz der Bindung der Richter an  Recht und Gesetz verabschiedet. Er judiziert wie ein Erfüllungsgehilfe der Großen Koalition. Das macht seine Entscheidungen leichter verständlich. Ich sehe es wie der Schweizer Star-Investor Felix Zulauf:

„Vielleicht bemängelt das Verfassungsgericht den ESM, wenn Klagen eingingen. Grundsätzlich ist es aber doch so, dass heutzutage das Top-Management der Großindustrie, die hohe Politik und die hohe Justiz eng miteinander verbandelt sind. Man wird sich arrangieren. Da wird nicht mehr sehr demokratisch entschieden. Wir nennen uns zwar Demokratie, aber die Demokratie ist in den meisten Industrieländern im Niedergang. Und der Stimmbürger spürt, dass an seinen Interessen vorbei regiert wird.“

Die heutige Entscheidung stellt alles in den Schatten, was wir bislang an Rechtsüberdehnung aus Karlsruhe gesehen haben. Der unbeschränkte Ankauf von kurzlaufenden Staatsschuldverschreibungen zum ausdrücklichen Zweck eines „wirksamen financial backstop“ ist also Geldpolitik und keine monetäre Staatsfinanzierung ohne jede demokratische Legitimation! Wenn es nicht so traurig wäre, müsste man über diesen unfaßbaren Unsinn lachen. Die Bundesrepublik ist damit endgültig auf dem Weg in die völlige rechtliche und wirtschaftliche Verwahrlosung.

© Joachim Nikolaus Steinhöfel 2016

 

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Kommentare

  1. Was soll man als Jurist denn anderes tun, als zu klagen oder die Klageeinreichung wenigstens zu versuchen? Das ist doch schon alles getan worden. Die Verfassungsbeschwerden von Herrn Schachtschneider, von Herrn Gauweiler sind alle gescheitert oder nicht einmal zur Entscheidung angenommen worden – und das waren ganz bestimmt keine schlechten Juristen oder Fachfremde, die den Rechtsweg versucht haben. Dort kann der Bartel bei solchen Richtern eben kein Recht mehr holen.

  2. Klaus

    Da bin ich beruhigt, wenn ein Jurist dieses Urteil ähnlich wie der Laie empfindet und aus seiner Profession heraus auch fundiert begründen kann.

    Was ich aber nicht verstehe: Wenn der Jurist – und Sie sind sicher nicht der einzige mit dieser Sichtweise – diese Rechtsbeugung des Bundesverfassungsgerichts fachlich als das einordnen kann, was es ist – warum unternehmen diese Juristen nichts? Wer sonst sollte mehr Rechtsverständnis besitzen als der Jurist?

    Andernfalls bleibt so manchem Bürger in seiner Ohnmacht wohl auch nichts anderes übrig als der Weg in die Radikaliserung, was ich mit großer Sorge sehe.