…konnte man gestern wunderbar sehen, wenn man die Debatte über die Steuerhinterziehung des Bayernpräsidenten Uli Hoeneß verfolgte. Zu Gast in der Runde bei Jauch war unter anderem Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) aus Nordrhein-Westfalen. Walter-Borjans verwickelte sich in geradezu aberwitzige Widersprüche. Einerseits war er der Auffassung, dass diejenigen, denen die Steuergesetze nicht gefallen, sich halt bemühen müssten, sie auf demokratischem Wege zu ändern. Als die Debatte sich einen Augenblick später um die Frage der Rechtsverletzung drehte, die darin bestand, dass die Selbstanzeige Hoeneß‘ unter Bruch des Steuergeheimnisses öffentlich wurde, verstieg sich Walter-Borjans zu der These, es sei ja ohnehin höchst umstritten, dass Selbstanzeigende straffrei blieben.
Dass in dieser Runde jemand wie Walter-Borjans sitzen konnte, der Millionen von Steuergeldern für die Anstiftung und Beihilfe zu Straftaten (Ausspähen von Daten, Geheimnishehlerei) aufwendet, den Kauf von „Steuer-CDs“, gestohlenen Daten nämlich, ohne auf diesen Umstand auch nur angesprochen zu werden, ist ein schwerer Lapsus des Moderators. Walter-Borjans ist ein farbloser Schreibtischtäter des totalen Steuerstaates, der den Rechtsbruch instrumentalisiert, wenn er ihm in den Kram passt und den Rechtsbruch anderer moralisch geisselt, um seine Agenda zur fördern. Sein gespaltenes Verhältnis zum Rechtsstaat und zur Demokratie schlechthin, dem Verhältnis von Bürger und Staat nämlich, wurde nirgends besser veranschaulicht als bei Walter-Borjans‘ Antwort auf die Frage von Jauch ob die Prangerwirkung der Debatte über Steuerdelikte gewünscht sei:
„Wir wollen die Kuh nicht umbringen, die wir melken“.
Und die Untertanen klatschen brav Beifall.
© Joachim Nikolaus Steinhöfel 2013
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