Das ZDF und der christliche Fundamentalismus

Peter Frey: Multikulti schützt vor Terrorismus

Peter Frey: Multikulti schützt vor Terrorismus

Peter Frey ist, seit sein Vorgänger Nikolaus Brender durch den damaligen hessischen Ministerpräsidenten Koch entsorgt wurde, Chefredakteur des ZDF. Das Feuern von Brender war ein schöner Beleg für die „durch die Besetzung der Gremien garantierte Staatsferne“ des gebührenfinanzierten Senders. Brender genießt jetzt seinen Ruhestand als gefeierter Märtyrer. Und sein Nachfolger meldet sich hier und da mit Kommentaren zu Wort, denen beizupflichten gelegentlich schwer fällt. So auch am 25.07.2011, als Frey im „heute-journal“ das Attentat in Norwegen kommentierte (ab min 11:43).

Frey, dessen Äusserungen wirr und auch sprachlich von erschütternder Schlichtheit waren, ging es nicht um die Einordnung des Massenmordes oder des Täters. Er liefert ein Lehrstück moralischen Relativismus und moralischer Korruption. Und man darf zuversichtlich sein, dass das Deutungssystem des Pädagogen Frey, wäre der Terroranschlag von Moslems begangen worden, in den üblichen Rastern familientherapeutischer Empathie operiert hätte. O-Ton Frey:

„Sicher, Anders Behring Breivik ist ein Irrer, ein eiskalter Killer. Breivik wurde, wie der schwedische Journalist Daniel Poohl sagt, der erste anti-muslimische Terrorist in Europa.

Er ist aber auch ein Ideologe, einer, der seinen Mordplan mit absurden Thesen zu rechtfertigen sucht.

Zu unserem Entsetzen darüber, daß er Jugendliche wie Aliens in einem Computerspiel abgeschossen hat, kommt ein Erschrecken über einen Terroristen, der blond und blauäugig im Namen des Christentums tötet. Dabei hat mit Christentum Breivik wirklich nichts zu tun. Genauso wenig übrigens, wie Islamisten mit dem Islam. Breivik ist ein Hasstäter, einer der totschießt, was nicht in sein Weltbild passt. Breiviks Taten sind ganz einfach Gotteslästerei und das gilt auch für Terroristen im Namen Allahs.“

Es ist nicht auszuschließen, dass die Mehrheit der Zuschauer auch ohne die Schlussfolgerung von Frey zu dem Ergebnis gekommen wäre, das „mit Christentum Breivik wirklich nichts zu tun“ (sic!) hat. Frey muss sich aber dieser Banalität entledigen, damit er den Bezug zum islamischen Terrorismus herstellen kann. Er instrumentalisiert den Massenmord eines Einzeltäters um dem „Islam“ einen weitreichenden Freibrief erteilen zu können. Und das ist sein eigentliches Anliegen! Freys Gleichung sucht den weit verbreiteten radikalen, politisierten Islam zu verharmlosen und diesen Todeskult, „die Herrschaft des Antihumanen“ (Eugen Sorg) zu bagatellisieren, ihn mit dem Christentum auf dieselbe Stufe zu stellen. Aber es geht noch weiter:

„Breivik hat heute behauptet, er sei nicht allein. Wir wissen, es gab und es gibt ähnliche Taten in Amerika, von Oklahoma-City bis zu den Anschlägen auf Abtreibungskliniken.  Kreuzzug, hatte auch Georg Bush den Irakkrieg genannt und mancher Amerikaner sieht das immer noch so.“

Ist ein Mann, der solche Sätze von sich gibt, als Chefredakteuer eines gebührenfinanzierten Senders noch tragbar?

Die Behauptung des Attentäters, er sei nicht allein, bezog sich nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Informationen darauf, ob er als Einzeltäter agierte oder Komplizen hatte. Frey löst die Äußerung aus ihrem Kontext, um einen Bezug zu vermeintlich „christlich-fundamentalistischen“ Attentaten in den USA herzustellen, begangen von Gesinnungsgenossen von Breivik. Zu diesen Gesinnungsgenossen und Massenmördern gehört nach Einschätzung von Frey offenbar auch der frühere US-Präsident George W. Bush. Dieser hatte zwar unmittelbar nach 9/11 eine Moschee besucht, aber auch wenige Male von einem Kreuzzug gegen den islamischen Terrorismus gesprochen.

„Dabei ist das Christentum keine Religion des Mordens. Nicht absolute Wahrheiten, Blut, Kampf, im Gegenteil: Barmherzigkeit und Feindesliebe stehen über allem. Deshalb müssen die christlichen Kirchen die Trennlinie zu fundamentalistischen Gruppen scharf ziehen, ihnen nicht überlassen, zu definieren, was christlich ist.

Die Kreuzzüge sind vorbei, Glaube und Moderne vereinbar. Breivik handelte aus Hass gegen Muslime, gegen angebliche Überfremdung, gegen Multikulturalismus.

Das ist ein Kampfbegriff, auch in unserer, in der deutsch-politischen Debatte. Die Norweger bekennen sich jetzt offensiv zu ihrer bunten und vielfältigen Gesellschaft.“

Der Blick aus der sicheren relativistischen Distanz, dem alle Dinge gleich wahr sind, reduziert Moralgesetze zum folkloristischen Accessoire und menschliche Freiheit zur zufälligen Laune (Eugen Sorg). Der studierte Pädagoge Frey erfindet einen die Gesellschaft ebenso wie der islamische Terrorismus und der politisierte Islam bedrohenden christlichen Fundamentalismus, bei dessen Bekämpfung die christlichen Kirchen auf der Hut zu sein hätten. Die Pastoren haben aufzupassen, nicht die Imame, die Horden von Hasspredigern in ihren Reihen wissen.

Frey plädiert weiter dafür, den Begriff „Multikulturalismus“, der sich zum Kampfbegriff entwickelt habe, aus der Debatte in unserem Lande zu streichen. Dann wird aus dem militanten Islam die vielbeschworene Religion des Friedens. Nur noch ein kleines bisschen verbale Kapitulation und vorbehaltlose Unterwerfung. Mehr Multikulti als Schutz vor Terrorismus. Dass die Kritik an den Verirrungen und Auswüchsen des Multikulturalismus vor dem Attentat genauso begründet waren, wie danach, wird Frey zu Lebzeiten nicht mehr einleuchten.

„Das sollte auch für uns Anlass sein, wirklich ‚Ja’ zu sagen, zur Einwanderungsgesellschaft. Der erste Reflex, bei Terror an Islamismus zu denken, funktioniert nicht mehr. Vorsicht! Wir müssen uns schützen, vor den Unauffälligen, die unsere Gesellschaft zerstören wollen.“

Offenbar hat Frey hier völlig den Überblick über sein konfuses Stück verloren. Die Bundesrepublik, mit einer strukturellen Zweidrittelmehrheit links von der Mitte und einer weitestgehend sozialdemokratisierten Union soll „wirklich Ja sagen zur Einwanderungsgesellschaft“. Steht diese Offenheit denn in Frage? Oder ist sie erst erreicht, wenn Thilo Sarrazin sich nicht nur in Kreuzberg nicht mehr frei bewegen kann, sondern ebenso wenig im Rest der Republik?

Frey sitzt im Zentralkomitee der deutschen Katholiken. Vielleicht wird er dort jemanden treffen, der ihm sein unerträgliches Machwerk voller relativistischer Gleichmacherei und Denunziation unter die Nase reibt und ihn etwa mit dieser Bemerkung von Èric Conan konfrontiert:

„Die christlichen Glaubensrichtungen waren blutig und mörderisch, wenn sie vom Text ihrer Schriften abwichen, während der Islam es gerade dann war, wenn er sich den seinen annäherte“.

© Joachim Nikolaus Steinhöfel 2011

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Kommentare

  1. schumann

    religionen,keine empirischen daten,glaubenskriege seit 2000 jahren.wie weit eigentlich noch? der glaube rottet sich selber aus.ich verachte glaubensfanatiker aller religionen.

  2. Clearfix

    @crackerjack
    …nur mal eben fürs Protokoll, für das Christentum ist das Neue Testament tonangebend, nicht das Alte aus dem du hier zitierst. ;o)

  3. crackerjack

    @adder

    Die regeln stammen nicht aus dem mittelalter. Die regeln stammen aus der zeit der angeblich von gott befohlene eroberung kanaans durch judäische stämme c.a 1000 v.C. Was am meisten beunruhigt ist das heute religiöse radikale unter der fahne des religiösen zionismus im west jordan immer noch diese angebliche göttlichen auftrag erfüllen wollen.

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