Roulette am Nil

Ägypten: Demokratie oder Iran 1979?

Ägypten: Demokratie oder Iran 1979?

Das Herz des Neokonservativen schlägt höher, wenn er Menschenmassen sieht, die sich gegen ein totalitäres Unterdrückerregime erheben. Und dabei häufig ihr Leben riskieren. Dies war zB nach den manipulierten Wahlen im Iran im Sommer 2009 der Fall. US-Präsident Obama hat sich damals nicht auf die Seite der Demonstranten gestellt, sondern erklärt, es sei nicht opportun für die USA, sich in iranische Angelegenheiten einzumischen. Als wären die Menschenrechte nicht universell. Die Demonstranten, viele wurden von den Mullahs massakriert, fühlten sich von Obama im Stich gelassen. Auf ihre Rufe, ob er auf ihrer Seite stehe oder auf der der Mullahs, hat er durch sein zögerliches Verhalten eine klare Antwort gegeben.

In Ägypten verhält sich die US-Administration anders. In der letzten Woche erklärte Vize-Präsident Biden (immer für einen Kopfsprung ins Fettnäpfchen gut) noch, Mubarak sei kein Diktator und Außenministerin Clinton wusste davon zu berichten, dass die Regierung Mubarak stabil sei. Mittlerweile jedoch fällt Obama einem der ältesten und wichtigsten Verbündeten der USA in der arabischen Welt öffentlich in den Rücken.

Natürlich sympathisiert man auch hier mit den Demonstranten. Natürlich war/ist das Mubarak-Regime autoritär und korrupt. Natürlich war die Presse zensiert, waren die Wahlen ein Witz und es wurden Menschenrechte verletzt. Und die ökonomische Situation für viele Ägypter ist katastrophal. Ein Vergleich mit dem Iran, mit Syrien oder dem Sudan verbietet sich dennoch.

Der Ausgang der Entwicklungen in Ägypten ist völlig unkalkulierbar. Und ebenso unsicher ist jede Prognose, ob es ein Übergreifen der Umwälzungen auf den Jemen, Syrien, Saudi-Arabien, die Golfstaaten oder Jordanien geben wird. Dies wird wohl auch von den weiteren Geschehnissen in Kairo abhängen.

Es gibt optimistische Stimmen für die Chancen einer demokratischen Entwicklung in Ägypten, wie die des von mir hochgeschätzten Amir Taheri .

Ob er allerdings richtig liegt, was ich hoffe, scheint mir fraglich.

Hassen die Ägypter den Westen und seine Werte?

82% der Ägypter befürworten Steinigung bei Ehebruch, 77 % das Auspeitschen und die Amputation der Hand bei Diebstahl. 84% fordern die Todesstrafe für jeden Muslim, der seine Religion ändert. Auf die Frage, ob Sie „Modernisierer“ oder „Islamisten“ unterstützen, lagen die „Islamisten“ mit 59% vor den „Modernisierern“ (nur 27 %). Selbstmordanschläge halten 54% in bestimmten Fällen für legitim. 82% haben eine negative Meinung von den USA, ein höherer Anteil als in Pakistan. Selbst alQaida schneidet mit 72% besser ab, als die Vereinigten Staaten.

Keine Zahlen, die Anlass geben, auf einen friedlichen Wandel in Richtung liberale Demokratie zu hoffen. Und: Wie übersetzt man diese Mehrheiten in Regierungspolitik?

Vor diesem demoskopischen Hintergrund ist Mubarak kein Geschöpf der USA und der allgegenwärtigen Zionisten, sondern vielmehr ein Spiegel der Pathologien der Region (religiöse Intoleranz, Geschlechterdiskriminierung, Stammesdenken, Fundamentalismus, Bildungsferne und Verschwörungstheorien). Jahrzehntelange Indoktrination in Schulen, Moscheen und durch die Medien haben letztlich Konsequenzen. In ägyptischen Schulbüchern ist immer noch zu lesen, dass die USA im 6-Tage-Krieg die ägyptische Luftwaffe zerstört hätten.

Muslim Brotherhood

Die am besten organisierte Oppositionsgruppe ist die Muslim Brotherhood. Rajab Hilal Hamida ist eines ihrer Mitglieder und zugleich im ägyptischen Parlament. Er sieht die Dinge so:

„Meiner Ansicht nach sind bin Laden, al-Zawahiri und al-Zarquawi keine Terroristen im herkömmlichen Sinne. Ich unterstütze alle ihre Aktivitäten, weil sie ein Stachel im Fleisch der Amerikaner und der Zionisten sind…(Andererseits) ist derjenige, der Muslime tötet, kein Kämpfer für den Jihad oder ein Terrorist, sondern ein krimineller Mörder. Man muss die Dinge beim Namen nennen“.

Der Führer der Brüderschaft, Muhammad Ghannem, erklärte dem iranischen Nachrichtensender Al Alam kürzlich, die Bevölkerung solle sich auf einen Krieg mit Israel vorbereiten.

El Baradei – Irans Mann am Nil

Wer an die Stelle des Regimes von Mubarak tritt, ist völlig offen. Der vielerorts als Übergangskandidat gehandelte El Baradei sollte es nicht sein. Als er die Internationale Atomenergie-Organisation leitete, ignorierte er fortgesetzt den Iran belastende Tatsachen die den militärischen Charakter des Atomprogramms belegten und widersetzte sich der Verhängung von Sanktionen gegen das Mullah-Regime. Für ihn ist Israel „die nukleare Gefahr Nummer 1 im Mittleren Osten“. In einem in der letzten Woche mit dem „Spiegel“ geführten Interview erklärte er: „Wir sollten aufhören, die Muslimbruderschaft zu verteufeln…Sie haben seit fünf Jahrzehnten keine Gewalttaten begangen. Wenn wir Demokratie und Frieden wünschen, müssen wir sie einbinden, anstatt sie zu marginalisieren“. Diese Fakten zeigen, wes Geistes Kind El Baradei ist. Und man muss den radikalen Muslimbrüdern schon sehr wohlgesonnen sein, wenn man ihnen die Ermordung Anwar al-Sadats nicht zur Last legt, nur weil sie von einem Mitglied des Muslimbruderschaft-Ablegers Islamischer Dschihad begangen wurde.

Wer mit Israel Frieden schließt oder dies versucht, begibt sich in Lebensgefahr: siehe Sadat, Bashar Gemayel (Libanon, ermordet), der jordanische König Abdallah I (ermordet).

Präzedenzfälle

Entweder wird sich das Regime in Ägypten retten. Und zwar ohne Mubarak und ohne die Aussicht auf seinen Sohn als seinen Nachfolger und mit dem Militär als stablisierendem Faktor einer Übergangsphase bis zu den Wahlen im Herbst. Oder die Macht steht zur Disposition. Für die zweite Variante sind dies die Präzedenzfälle:

  • Die iranische Revolution 1978/79. Khomeini gewann, Ahmadinedschad ist heute Präsident.
  • Die Zedern-Revolution im Libanon. Heute ist ein Mitglied der Terrororganisation Hisbollah Regierungschef.
  • Die Wahlen der Palästinenser. Die Terrororganisation Hamas gewann im Gaza-Streifen und terrorisiert die Bevölkerung und das benachbarte Israel.

Das es im Irak anders lief, ist im Kern der Anwesenheit der US-Armee zu verdanken.

What’s at stake

Ägypten ist von enormer Bedeutung für die strategischen Interessen der USA im Nahen und Mittleren Osten. Es ist das grösste arabische Land und neben Jordanien das einzige, das einen Friedensvertrag mit Israel geschlossen hat. Für die USA und die Region steht hier alles auf dem Spiel. Die Chancen auf eine antiamerikanische, islamistische Regierung sind gegeben. Die Folgen für die Region wären katastrophal.

Als Konsequenz des ungeschickten Taktierens der Obama-Administration, die ihre gesamten Ressourcen in die Verhinderung des Baus von Apartment-Häusern in Ost-Jerusalem investiert hat, besteht im Mittleren Osten jetzt eine Wahrnehmung der USA als unzuverlässiger Freund und harmloser Gegner. Wünschenswert wäre das genaue Gegenteil. Autoritäre Regierungschefs wie Mubarak müssen weichen. Aber sie sind gegenüber den Islamisten jederzeit zu bevorzugen. Die Art und Weise, wie Obama Mubarak hat im Regen stehen lassen, wird von den anderen amerikanischen Alliierten oder strategischen Partnern in der Dritten Welt als symbolischer Betrug an ihnen allen interpretiert (Avi Shavit in „Haaretz“). Jeder versteht die Botschaft. Das Wort der USA ist wertlos, ein Bündnis mit den Vereinigten Staaten ist unzuverlässig. Dann sucht man sich halt neue Freunde. In Russland, in China, oder, als Regionalmächte Brasilien, die Türkei oder den Iran.

Bedenkt man, wie diffus die Opposition in Ägypten derzeit noch ist, bleibt zwingend offen, auf wessen Seite die USA jetzt stehen. Natürlich, wie jeder von uns, auf Seiten von Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit. Aber welche Person, welche Gruppe repräsentiert dies in diesem Moment in Ägypten? Diese Frage kann derzeit nicht beantwortet werden. Obama spielt Roulette. Roulette am Nil. Beten wird, dass, wenn „nichts mehr geht“, die Kugel nicht im Feld eines Khomeini-Nachfahren liegen bleibt.

© Joachim Nikolaus Steinhöfel 2011

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Kommentare

  1. Dox

    @ crackerjack

    es tut mir aufrichtig leid, Ihnen das sagen zu müssen, aber Sie haben ein echtes Problem. Sie können nicht differenzieren und quantifizieren. Sie sind beispielsweise nicht in der Lage, Äpfel von Birnen zu unterscheiden, weil Sie bei dem Oberbegriff Obst steckenbleiben und es für Sie auch zwischen Kirschen und Pflaumen keinen Unterschied gibt. Das ist für Sie alles nur Obst.

    Dadurch können Sie nicht erkennen, dass es zwischen der Todesstrafe im Iran und in den USA aufgrund der jeweiligen Gesetzgebung einen fundamentalen Unterschied gibt. Einem Kind könnte ich das erklären, Ihnen leider nicht, so dass ich es gar nicht erst versuchen werde.

    Augrund Ihres Unvermögens Dinge unterscheiden zu können, sind Sie für mich kein Gesprächspartner, von dem ich etwas lernen kann, so dass ich keine weitere Energie mehr in einen Gedankenaustausch mit Ihnen verschwenden möchte.

  2. crackerjack

    @andrej

    cracker will mubarak nicht weghaben. Warum auch? Das mußen die ägypter entscheiden. Cracker will westerwelle weghaben und stadtkewitz gar nicht erst haben und hier darf cracker mitentscheiden.

    wer mubarak weg haben will ?? bitteschön

    http://www.haaretz.com/news/lieberman-mubarak-can-go-to-hell-peres-olmert-apologize-1.256246

    http://www.haaretz.com/news/lieberman-egypt-is-lying-to-israel-and-working-against-our-interests-1.238127

    ..dabei hat der arme hosni für den friedensvertrag mit israel decaden lang sein leben riskiert. Aber so ist das nun mal mit dem zionismus. Hat der mohr seine schuldigkeit getan…… Wir briten können da ein lied von singen.

  3. crackerjack

    @dox

    …soweit ich informiert bin besteht in Ägypten , genauso wie in Iran und der USA die todesstrafe. Ob dieser unzivilisierte, archaische racheritual dadurch legetimer wird dass man die verurteilten anstatt nach biblischer gebot zu steinigen, beim lebendigen leib mittels elektrischer strom verbrennt, müßten die befürwörter dieser praxis unter sich aus machen.

  4. andrej

    @Dox: Das weiss auch unser Cracker, dass das NATÜRLICH ein himmelweiter Unterschied ist. Nur, Cracker ist eben kein Chinese, und daher eben nicht so „erfrischend ehrlich“. Lieber mal so, mal so. Ab und an ist auch Cracker mal gegen Islamismus, und sorgt sich gar sehr deswegen, z.B. am 23. Juni 2009 um 23:55, in diesem Forum:
    „Sollte die Syrische Baath fallen, übernehmen die Islamisten. Syrien , als moderner Nationalstaat gäbe es nicht mehr, sondern eine Islamistischer Gebilde, beherrscht durch Clans, Stämme und religiöse Führer. Mit Assad kann man verhandeln, mit der Umma nicht.”

    Nun ist sicherlich auch die Umma in Gestalt der Moslembrüder nicht gerade der ideale Verhandlungspartner. Wahrscheinlich überhaupt keiner. Und auch Ägypten „als moderner Nationalstaat gäbe es nicht mehr“, sollten die regieren. Aber das stört Cracker nicht.
    Worauf es ihm ankommt, ist das hier, was die MB auf ihrer Weseite freimütig als ihre Aussenpolitik ankündigen:
    „Resistance against the Anglo-American and Zionist occupiers of Arab and Muslim lands is a legal right and a duty imposed (on people under occupation) by Islam and guaranteed by international laws and treaties. Arab and Muslim governments and peoples, Egypt on top of the list should extend a helping and supportive hand to Palestinian and Iraqi peoples till they overcome their crises.“
    http://www.ikhwanweb.com/article.php?id=797

    Dafür muss aber Cracker halt Mubarak erstmal weghaben. Assad dagegen kann bleiben, der macht auch selbst schon genug „Resistance“, ganz ohne die ägyptischen Moslembrüder. Dafür mit Bruder Mahmud A. und neuerdings Bruder Recep Tayyip E..

  5. Dox

    @ crackerchek

    „Während die iranischen aufständischen uns als mutige, aufrechte freiheitskämpfer vermittelt wurden und eine junge, weibliche opfer zur weltweite ikone der freiheit aufstieg, werden uns die ägyptischen aufständischen jetzt als tumbe islamische horde verkauft , die steinigungen und selbstmordanschläge befürworten und eine rückwärtsgerichtete scharia staat aufbauen wollen.“

    Ist es nicht ein himmelweiter Unterschied, ob man gegen ein System protestiert, das die Steinigung befürwortet oder gegen ein System, das die Befürworter der Steinigung in Schach hält?

  6. Dox

    Wer schon mal in Kairo war, weiß, dass diese Stadt randvoll mit jungen Männern ist, die ganz genau wie im chaotischen Straßenverkehr auch auf keinem anderen Gebiet wie etwa Wirtschaft oder Wissenschaft vorwärts kommen. Und das liegt an ihrer Kultur. Wer zu 82% Steinigung bei Ehebruch befürworten, kriegt nichts in die Reihe. Ein Diktator, der diese 82% im Zaum hält, ist das beste, was dem Rest von 18% und der westlichen Welt passieren kann. Lang lebe das vom Westen gekaufte System Saddat/Mubarak. Wehe uns, wenn wir das nicht mehr bezahlen und lieber Griechenland mit den hundertfachen Kosten am Laufen halten wollen.

  7. Anonymous

    Oh, eine interessante Differenzierung: qualitative Abstufung von Demokratien (als Staatsform) nach dem immananten Wert desjenigen, was das jeweilige „demos“ denn nun genau will. Liberalität muss gewollt sein, lernt man hier. Achso ! Gibt es also etwa eine sehr liberale Waffengesetzgebung, die es dem Staatsvolk ermöglicht, untereinander im statistischen Abstand von 30 Minuten ein Tötungsdelikt zu begehen, ist das gut, weil eben Ausdruck von Liberalität. Anders ausgedrückt: ohne viele Tote, keine gute Demokratie ! Viele Tote gibt es zurzeit auch in Ägypten, also könnte man denken: das ist doch ein gute Demokratie oder aber jedenfalls der richtige Weg zu einer solchen ! Aber nein: Ägypten kann keine gute Demokratie sein, denn (u.a.): „82 % haben eine negative Meinung von den USA“. Hm…wobei: oft ist doch einfach nur Ort einer Handlung das entscheidende Kriterium für den Begriff der liberalen Demokratie bzw. des Liberalismus überhaupt: werden in den USA protestierende Menschen zusammen geschossen, so wie 1970 in Ohio durch die Nationalgarde, dann ist das eine staatliche Ausdrucksform der Achse des Guten. Passiert gleiches oder ähnliches in Teheran (auf welchen Quellen auch immer beruhend, angeblich gibt es ja gerade keine zuverlässige, unabhängige Berichterstattung), dann ist dies Diktatur plus niedrigste Schurkengesinnung. Wenn eine Demokratie in der Nachbarschaft Israls diesem nicht passt, weil das Volk eine eigene und andere, vielleicht weniger bequeme Meinung haben könnte als der angestammte und für Stablität (Israels) sorgende Diktator, dann gilt schlichtweg: lieber Diktatur als Demokratie! Nun, dies ist eine Haltung, die man einnehmen kann. Nur sollte man dies dann auch ehrlich so vortragen und nicht mit äußerst ungläubigen Worthülsen verbrämen wie etwa der obigen Obama-Kritik:
    „Als wären die Menschenrechte nicht universell“
    What? Das waren sie nie und werden es auch nie sein, jedenfalls nicht aus ur-amerikanischer Sicht (die doch hier immer so hochgehalten wird !!): hat das jeweils unterdrückte Volk eine gewisse strategische Bedeutung für die USA, dann soll es Menschenrechte und vor allem staatliche Unabhängigkeit in reicher Fülle erhalten, und handle es sich dabei bzw. dessen Repräsentanz auch um eine Drogen-, Mafia- und Mörderbande wie etwa die UCK einschließlich deren politischer Kamarilla. Hat es keine strategische Bedeutung (z.B. Minderheiten in Afrika) oder eine solche politisch heikler Tendenz (z.B. Kurden), dann sind dessen Menschenrechte keiner Pfifferling und auch keinen Champignon, ja nicht mal einen Fliegenpilz wert. Für wild zusammengewürfelte Einzelpersonen bzw. die Menschenrechtsdoktrin der USA in der Einzelfallanwendung bietet hier ja bekanntermaßen auch Guantanamo ein beredtes Bild.

  8. crackerjack

    Anscheined haben die neocons verdrängt dass sie es waren die mit den iraq desaster die ganze region destabilziert haben und die tore für die religiös fundamentalisten öffneten. der westen brachte den nahen osten nicht demokratie sondern bürgerkrieg und elend. Aber in vergessen, verdrängen und dann andere den dreck aufraümen lassen, waren die neos immer schon weltmeister.

    ?????? mir ist immer aber noch nicht ganz klar was die von den neocons so hochgelobte revolution der iraner von den ägypter so grundlegend unterscheidet. In beiden fällen handelt es sich um aufstände der unterdrückten massen gegen autoritäre führer clans. Beide aufstände begangen unter den gebildeten und vernetzten studenten und verbreiteten sich auf die gesamte bevölkerung.

    Warum ist revolution und anarchie in iran akzeptable und erwünscht, während in ägypten stabilität und der status quo vorrang vor menschenrechte, freiheit und selbstbestimmung hat?

    Während die iranischen aufständischen uns als mutige, aufrechte freiheitskämpfer vermittelt wurden und eine junge, weibliche opfer zur weltweite ikone der freiheit aufstieg, werden uns die ägyptischen aufständischen jetzt als tumbe islamische horde verkauft , die steinigungen und selbstmordanschläge befürworten und eine rückwärtsgerichtete scharia staat aufbauen wollen.

    Ich wünsche den ägyptern viel glück und erfolg bei ihrem kampf für gleichheit, freiheit und ein besseres leben für sich und ihre kinder.

  9. Stefanie

    Wer diese Pro-Mubarak Leute sind, fragte ich mich heute Nachmittag. Gestern hieß, dass Demonstranten damit zufrieden sind, dass Mubarak im September abdanken werde. Diese Gruppe wurde heute zunächst nicht erwähnt. Jetzt hörte ich aber auf CNN, dass eben unter diesen Pro-Mubarak Anhängern Personen unterviewt wurden, die dort waren, weil sie dafür eintreten wollten, dass man die Proteste jetzt abbrechen, weil doch erreicht worden sei, dass Mubrak abtreten, wenn auch erst im September. Dann wurde berichtet über die berittenen Pro Mubarak Personen. Dazu hörte ich jetzt auf CNN, dass diese Fremdenführer seien, denen die Einnahmen weggebrochen sind und deshalb wollten, dass die Proteste aufhören. Dass diese t.w. brutal von den Tieren runtergerissen und geschlagen worden sein.

    Daher, diese Pro-Mubarak Fraktion scheint nicht homogen zu sein und auch ist es wohl nicht so, dass die Gewalt ausschließlich von diesen ausging. Schade ist halt, dass man in den Medien hier nichts davon liest und hört und man den pauschalen Eindruck gewinnt, dass seien alles Mubarak Getreue, die seine Macht erhalten wollen. Denn das scheint so pauschal nicht haltbar zu sein.

  10. Vorübergehend kann es für die Muslimbruderschaft praktisch sein, Mohammed ElBaradei als zivilisiertes Gesicht für eine islamistische Machtübernahme zu nützen.

    http://aron2201sperber.wordpress.com/2011/01/31/der-nobelpreistrager-und-die-muslimbruderschaft/

    Sobald sie ihre Macht gefestigt haben, werden die Islamisten den Demokraten ElBaradei bald wieder entsorgen.

    Denn Ziel der Muslimbruderschaft ist es nicht, eine Demokratie zu errichten, sondern einen islamistischen Gottesstaat.

  11. Schade, es ist in Ägypten zu dem gekommen, was wohl unvermeidlich war. Jetzt wird um die Macht gekämpft. Brandbomben fliegen, Schüsse fallen, Menschen werden gejagt. In Kairo findet eine regelrechte Schlacht zwischen Regimegegnern und Mubarak-Getreuen statt. Am Abend forderte die Armee im Staatsfernsehen den Abzug der Demonstranten vom Tharir-Platz. Mir tun die ganzen armen Menschen einfach leid. Warum, musste es nur dazu kommen.

  12. pete

    Was wir sehen sind zunächst einmal sehr viele Menschen, die auf die Straße gehen und gegen Mubarak demonstrieren. Es ist überhaupt nicht einschätzbar, wofür sie sind, schon die Auffassung, sie würden für Freiheit (manche meinen sogar für Demokratie) auf die Straße gehen, ist eine reine Zuschreibung westlicher Beobachter. Skepsis ist angezeigt.

    Die Frage ist doch, ob das Volk mit 20% Analphabeten und der beschriebenen dogmatischen, anti-modernen Erziehung reif für eine Demokratie ist. Mindestens ebenso fraglich ist, ob es tatsächlich die beschriebenen Eliten in Ägypten gibt, die sich ihrer politischen Verantwortung stellen können, bzw. vielmehr dieses im Sinne einer aufgeklärten, liberalen Gesellschaft tun.

    In Deutschland geschah die Demokratisierung als Re-Education. Die alten Demokratien hielten ihre schützende Hand über die neue, vom Volk ungeliebte Staatsform. Verfassungsfeindliche Parteien wurden gar nicht erst zugelassen.

    Armes Israel. Die Angst vor dem nächsten Krieg ist begründet.

  13. blackadder

    lieber cracker,

    dieser exzellente artikel von steinhöfel beantwortet in voller gänze meine sicht auf die ägypten-revolution des vorherigen artikels.

  14. Stefanie

    Mir geht es so wie Ihnen. Ich bin beeindruckt von den Menschen, die für ihre Freiheit auf die Straße gehen. Denn nach allen vorliegenden Informationen, gehen mehrheitlich die Demonstranten tatsächlich unorganisiert aus dem Begehren nach Freiheit und besseren Lebensumständen unter Gefahren für Ihr Leben auf die Straße. Wie viele Anhänger der MB dabei sind, ist nicht bekannt. Man weiß allerdings, dass diese niedergerufen wurden.

    Man möchte also schreien, dass diese Revolution schnell freie Wahlen bringen mögen. Wäre da nicht die Geschichte, die Zahlen über Einstellungen in der ägyptischen Bevölkerung, das Wissen, dass die MB sehr genau weiß, wenn sie sich in den Vordergrund spielen würden, könnte Unterstützung für die Revolution insgesamt versagt werden, die Darstellung u.a von El Baradei, dass die MB doch nur eher konservativ seien und nicht mit den Mullahs vergleichbar etc., die dazu führen, dass man angstvoll nach Ägypten schaut und hofft, dass wirklich Besseres aus der Revolution entstehen möge und sich nicht alles zum Schlimmeren wendet. Dies auch mit Blick auf die Region insgesamt insbesondere Israel, aber auch den Westen insgesamt, der ggf. einen Verbündeten verliert. Auch das Wissen darum, dass dieser Verbündete Mubarak alles andere als appetitlich ist, vermag die Bedenken nicht recht verscheuchen.

    Bleibt also nur zu hoffen, auch wenn ich leider auch eher skeptisch bin, was die Entwicklung in Ägypten anbelangt. Und zu hoffen, dass es keine weiteren Verletzten und Toten geben wird.

    hier noch Zahlen aus einer Untersuchung von Anfang 2009 über das Verhältnis von Arabern zu den USA, welche auch ausweisen:

    65% der Ägypter der Auffassung, dass die Sharia in islamischen Ländern strikte Anwendung finden solle. Ferner sind 88 % dafür, dass westliche Werte keinen Einzug in islamische Länder finden sollen.

    http://www.worldpublicopinion.org/pipa/pdf/feb09/STARTII_Feb09_rpt.pdf

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