Auch am 11. September liest man „Raus aus Afghanistan“ auf den Wahlplakaten der SED-Nachfolgepartei und – sinngemäß – neben dem Antlitz von Herrn Lafontaine, dass Kriege noch nie ein Problem gelöst hätten. Was hätten ihm Churchill, Roosevelt oder Eisenhower auf diese skrupellose Propaganda geantwortet ? Oder die Opfer in den Konzentrationslagern ? Ein Blick nach Ruanda, Darfur oder Srebrenica dürfte ebenfalls Material für eine Antwort liefern. Die Mehrheit der Deutschen (53 %) lehnt den Einsatz in Afghanistan ab (58 % der Anhänger der Grünen sagen nein, bei der SED-Nachfolgepartei sind es 80 %).
Anstatt der Bundeswehr, die bei einem Luftangriff über 50 Taliban tötete, zu gratulieren, steht das Gerücht ziviler Opfer im Mittelpunkt der Berichterstattung. Staatsanwälte, die sich aufspielen möchten, fabulieren von Ermittlungsverfahren gegen Bundeswehrsoldaten. Taliban, die nicht wie Zivilisten herumlaufen, hat aber auch noch niemand zu Gesicht bekommen. In einem Krieg (oder wie auch immer der neueste Euphemismus lautet, den Mitglieder der Bundesregierung einsetzen) gegen nicht uniformierte Terroristen sind zivile Opfer tragisch, aber unvermeidbar. In Deutschland sind nicht die jedes Kriegsrecht verletzenden Taliban die Täter, sondern – mutmaßlich – unsere Soldaten.
Kanada, Großbritannien, Australien und Polen bekämpfen die Terroristen in Afghanistan aggressiv. Die USA haben mit General McChrystal einen herausragenden Militär, dessen Fähigkeit, sich gegen den realitätsresistenten Präsidenten durchzusetzen sich aber erst noch erweisen muß. Deutschland hingegen hat – kürzlich geringfügig modifizierte – Einsatzregeln, die das Verfolgen, Aufspüren und Töten von al Qaida und Taliban nahezu unmöglich machen. Statt billiger Wahlwerbung wäre hin und wieder ein Spot wünschenswert, der das Auspeitschen einer 17jährigen zeigt, die das Verbrechen beging, einen Mann anzusehen oder die Steinigung einer Frau, weil sie vergewaltigt wurde aber keine vier männlichen Zeugen dafür aufbieten konnte oder die Hinrichtung in dem vor 2001 mit EU-Geldern gebauten Stadion in Kabul oder die Abtrennung des Kopfes von wehrlosen Zivilisten durch al Qaida-Killer oder – aber das könnte langsam auf einige SEDler ermüdend wirken – etwas 9/11-Material. Die Mehrheit der Deutschen interessiert es nicht, was Taliban und al Qaida mit wehrlosen Menschen machen. Oder ob im Nachbarland Iran islamofaschistische Mullahs auf dem Weg zur Nuklearwaffe sind, die sie Terroristen verkaufen könnten.
Dafür malt man hierzulande an jeder Ecke die Fratze des „neoliberalen“ Ungeheuers an die Wand. In einem Land mit unserer Geschichte. Mir wird übel.
Es gibt keinen „Krieg in Afghanistan“. Es gibt einen fundamentalen Konflikt mit dem Islamofaschismus. Und diese Ideologie kennt keine Grenzen, wie ein Blick in den Sudan, in den Irak, nach Afghanistan, Pakistan, in den Gaza-Streifen oder zur Hisbollah anschaulich macht.
Als die amerikanische Linke im Frühjahr 1975 den Abzug der Amerikaner aus Vietnam und Kambodscha feierte, schrieb der frühere kambodschanische Ministerpräsident, Sirik Matak, einen Brief an US-Botschafter John Gunther Dean, mit dem er dessen Angebot seiner Evakuierung ablehnte.
Dear Excellency and friend,
I thank you very sincerely for your letter and for your offer to transport me towards freedom. I cannot, alas, leave in such a cowardly fashion. As for you and in particular for your great country, I never believed for a moment that you would have this sentiment of abandoning a people which has chosen liberty. You have refused us your protection and we can do nothing about it. You leave us and it is my wish that you and your country will find happiness under the sky. But mark it well that, if I shall die here on the spot and in my country that I love, it is too bad because we are all born and must die one day. I have only committed the mistake of believing in you, the Americans.
Please accept, Excellency, my dear friend, my faithful and friendly sentiments.
Sirik Matak.
Die Roten Khmer nahmen Phnom Penh ein paar Tage später ein. Sirik Matak wurde exekutiert, in den Bauch geschossen und ohne ärztliche Hilfe liegen gelassen. Es dauerte drei Tage, bis er starb. Zwischen einer und zwei Millionen Kambodschaner wurden von den Roten Khmer in den folgenden Jahren ermordet. Eine Folge amerikanischer Schwäche.
Und die Schwäche des Westens ist es auch, die das Rekrutieren von Jihadisten und deren Terroranschläge motiviert. Der Rückzug aus Beirut 1983 nach dem Anschlag der vom Iran gesponserten Hisbollah auf den US-Stützpunkt und aus Somalia 1993 nach „Black Hawk Down“.
Die Jihadisten glauben, sie hätten den Kollaps der Sowjetunion durch deren Niederlage in Afghanistan verursacht. Was würde ein Rückzug der Nato an Mythenbildung und Legenden zur Folge haben ?
Es ist Krieg in Afghanistan und das möchte ich endlich von einem deutschen Politiker hören: „Es ist Krieg und wir sind dort, um zu gewinnen !“
Wobei dann allerdings die Frage durchaus berechtigt wäre, „ob die Bundesregierung sich nicht ein wenig übernimmt, wenn sie die Taliban besiegen will, während die Berliner Polizei nicht einmal mit den Autonomen in der Stadt fertig wird“.
© Joachim Nikolaus Steinhöfel 2009
Nun, mein lieber möchte-gern Paschtune Cracker, welche Eindringlinge würden Sie denn bekämpfen, damit Sie Ihrer „patriotischen Pflicht nachkommen und jeder Besatzer und Eindringling in das Land meines Volkes bekämpfen“?
Diesen Australier, der gern Ihr Landsmann geworden wäre: http://en.wikipedia.org/wiki/David_Hicks#New_charges
Diesen Landsmann von mir namens „Al Hafidh Abu Talha“:
http://www.stern.de/politik/ausland/video-botschaft-al-kaida-bedroht-deutschland-651893.html
Diesen Briten:
http://www.timesonline.co.uk/tol/news/uk/article6379310.ece
Oder vlt. diesen Ägypter:
http://en.wikipedia.org/wiki/Ayman_al-Zawahiri
Sie haben recht, diese Eindringlinge sollten von den Paschtunen unbedingt bekämpft werden!
..ach Andrej,wäre ich Paschtune (Afghane ist ein Konstrukt der Briten), würde ich meine patriotischen Pflicht nachkommen und jeder Besatzer und Eindringling in das Land meines Volkes bekämpfen. Mein Vater könnte sich ruhmen die Soviet Weltmacht aus seinem Stammesgebiet vertrieben , mein Vorväter das Britische Weltreich vernichtend geschlagen und Perser wie Hindus seit jeher auf Distanz gehalten zu haben.Sie wären die Helden die ich nacheifern würde. Ausserdem würde ich aus leidvoller Erfahrung wissen dass keiner dieser Invasoren je etwas anderes als Unglück und Tod ins Land brachten brachten.
Wie die Lemminge sich die NATO Staaten Bush ins Afghan Unglück gefolgt. Jetzt wird jeder Nation sehen müssen wieviel Blut er breit ist zuzugeben das es in diesem Krieg für keine Seite, ausser Osama Bin Laden, was zu gewinnen gibt.
ich schätze, cracker, wenn du afghane wärest würdest du standhaft solange weiterhungern, bis diese klage geklärt wäre, ob „Nationen Billiarden ausgeben und ihre Jugend in den Tod schickt um fremde Völker am andere Ende der Welt Schulbildung zu ermöglichen und Frauenrechte durchzusetzen.“.
oder wenn du afghanin wärest, wärest du auch nach 2001 standhaft NIE zu einer medizinische behandlung gegangen.
gut, dass nicht alle afghanen so, mit verlaub, borniert sind, so gäbe es sie wohl schon gar nicht mehr.
…..ach Andrej. Deine Argumente decken sich perfekt mit die Argumente der Soviets für ihre Afghan Invasion der 8o’er. – Zurückdrängen des Islamisten. Bildung für Frauen. Modernisierung.
Du glaubst doch nicht im ernst dass Nationen Billiarden ausgeben und ihre Jugend in den Tod schickt um fremde Völker am andere Ende der Welt Schulbildung zu ermöglichen und Frauenrechte durchzusetzen? Ich auch nicht.
Für etwa drei Millionen Menschen ist die Lage bereits kritisch und rund
eine Million Afghaninnen und Afghanen sind unmittelbar vom Hungertod bedroht. In den letzten
drei Monaten sind bereits mehr als 1000 Menschen verhungert.[..]
Insbesondere Frauen werden in Afghanistan Opfer systematischer Menschenrechtsverletzungen
durch die herrschenden Taliban. Der Ganzkörperschleier ist dabei nur das äussere Symbol
der Entrechtung. Die afghanischen Frauen haben kaum Bildungsmöglichkeiten und unterliegen
einem Berufsverbot. Mehr als 95 Prozent der afghanischen Kinder besuchen momentan
keine Schule.
Die alltägliche Diskriminierung von Frauen und Mädchen setzt sich auch im medizinischen
Bereich fort, wo bislang frauen- und mädchenspezifische Bedürfnisse nicht abgedeckt wurden.“
http://www.gfbv.ch/archiv/afghanistan.html
Klar, Crackerjack, hätten wir die Taliban so weitermachen lassen, alles wäre gut…
Das ist, mein lieber Crackerjack, genau das, was ich meine:
Wenn man nicht im Lande engagiert ist, kann man dann die Zustände dort getrost ignorieren, und wenn sie noch so zum Himmel schreien?
Auf Taliban-Afghanistan als Terroristen-Brutstätte bruach ich nach meinen Vorredner nicht mehr eingehen. Daher schauen wir mal, wie es in Afghanistan für die Menschen aussah, bevor der Westen die Taliban entmachtete. Aus dem Juni 2001, also vor dem amerik. Eingreifen:
„Im Januar wurden über 300 unbewaffnete Männer und eine Reihe von Frauen und Kindern
von den Taliban-Milizen ermordet. Die Opfer gehörten der Minderheit der Hazara an. Daneben
bedroht die schlimmste Dürreperiode seit Menschengedenken das Leben von Tausenden
von Menschen.[..]
Nach derRückeroberung der Stadt Yakaolang wurden über 300 unbewaffnete Zivilisten von den Taliban-
Milizen ermordet. Viele Zivilisten wurden dabei in einer Moschee exekutiert. .Sie töteten alle,
die sie sahen., sagte ein Hilfswerksmitarbeiter in Pakistan.[..]
Hunderttausende Hazara, Tadschiken undUsbeken sind durch die Offensive der Taliban vertrieben worden. Über 500 000 Menschen
sind derzeit im Landesinnern auf der Flucht, 1.4 Millionen flüchteten in den Iran und mehr als
2 Millionen nach Pakistan. Die enormen Flüchtlingsströme bedeuten nicht nur unermessliches
Leid für die betroffenen Menschen, sondern stellen auch die Nachbarstaaten Afghanistans
vor enorme Probleme.[..]
………………..“You may fly over a land forever; you may bomb it, atomize it, pulverize it and wipe it clean of life — but if you desire to defend it, protect it and keep it for civilization, you must do this on the ground, the way the Roman legions did, by putting your young men into the mud“ ……
Die Römer unterwarfen Völker um sie zu colonizieren und auszubeuten. Wer sich wiedersetzte wurde vernichtet. Die Geschichte der US Interventionen in Afghanistan zeigen dass es weder um „defend“, „protect“ noch um „civilisation“ ging und geht, sondern um Globaler Machtpolitik. Afghanistan ist eine strategischer Factor in Asien. Nicht umsonst streiten aller Weltmächte darum. Der einzige verläßlicher Factor in gegenwärtigen Trauerspiel waren und sind die Radical Islamisten die jeder Besatzung bekämpfen. Als sie Soviet Köpfe abschnitten reichte der CIA ihnen das Messer das die Saudis bezahlt hatten und der Westen bejubelte die Freiheitskämpfer die gegen atheistischen Kommunisten. Frauensteinigung und Scharia waren bei dieser Konstellation offensichtlich kein Thema undtauchen nur dann auf wenn der Westen wieder dabei ist seine Interressen mit Gewalt durchzusetzen. Eine romantische Heldenverklärung gehört auch immer dazu. Was auffält ist das diejenigen die am lautesten den Krieg promoten, in unserem Fall Steinhöfel, Broder..usw, nie an der Front zu finden sind, sonder eher im Szenenkaffee beim Latte trinken.
@ Dox: Die Beschreibung dessen, was getan werden muss, kann man bei T.R. Fehrenbach, einem Historiker des Korea Krieges, finden: “You may fly over a land forever; you may bomb it, atomize it, pulverize it and wipe it clean of life — but if you desire to defend it, protect it and keep it for civilization, you must do this on the ground, the way the Roman legions did, by putting your young men into the mud.” http://www.amazon.de/This-Kind-War-Fiftieth-Anniversary/dp/1574882597
Natürlich war es spätestens nach dem 9.11 höchste Zeit, das Terrornest Afghanistan auszuräuchern. Aber doch bitteschön nicht mit Soldaten wenn man Bomber und Raketen besitzt. Wofür haben wir denn unsere Technik, wenn nicht um unsere Söhne zu schonen?
@Andrej
Hätte man damals auf die „Keine Invasion in Afgnahistan“ Krakeeler gehört hätte man sich die jetzige Diskussion sparen können 😉
@cracker:
Und wieviele Afghanen nach dem „raus so schnell es geht“ „unter die räder kommen“ ist scheinbar bei dir auch „nebensache“…zumindest habe ich noch nie von irgendeinem „raus aus afghanistan“-krakeeler gehört, dass er überlegt hätte, wie es dann weitergehen würde. meine vermutung: auf aghanischer seite sehr blutig, auf unserer mit selbstgefälligem achselzucken!
Artikel sehr gut,
hätte jedoch etwas länger und ausführlicher sein können.
But … time is not on or side …
so long