Am Montag, 26-10-2008, 02.00 Uhr unserer Zeit, schlug eine Bombe in den US-Wahlkampf ein. Auf youtube.com wurde der Mitschnitt eines Radiointerviews hochgeladen, das Barack Obama 2001 dem Sender WBEZ aus Chicago gab. Das Audio wurde in weniger als 48 Stunden knapp zwei Millionen Mal aufgerufen. Jeder, der sich mit Obama beschäftigt hatte, kannte sein wahres Gesicht. Nicht das, eines sich präsidial, besonnen und gemäßigt gebenden Politikers. Sondern dass eines Linksaußen, der ideologisch eher bei Fidel Castro oder der Linkspartei steht, als bei den Gründungsvätern der USA. Vor kurzem machte das Zwiegespräch von Obama mit Joe Wurzelbacher (Joe The Plumber) Schlagzeilen, in dem Obama öffentlich davon sprach, den Reichtum der Amerikaner umzuverteilen („to spread the wealth around“.
Die folgenden Auszüge aus dem Interview bei WBEZ passen hierzu und belegen ein eindeutige ideologische Positionierung:
„…wenn man sich die Erfolge und Mißerfolge der Bürgerrechtsbewegung und ihrer Prozeßstrategie ansieht, dann hatte sie, denke ich, Erfolg darin, zuvor Enteigneten (dispossessed, der Übersetzer) formale Rechte zu übertragen, so dass ich nun das Wahlrecht besaß….Aber der Supreme Court wagte sich nie an die Fragen der Umverteilung von Vermögen (redistribution of wealth, der Übersetzer) und an noch grundlegendere Fragen der politischen und ökonomischen Gerechtigkeit in dieser Gesellschaft“.
„…weil die Bürgerrechtsbewegung so gerichtsfixiert wurde, gab es, glaube ich, eine Tendenz, die politische, die Sozialarbeit (im Original: community organizing) und die Basisarbeit aus den Augen zu verlieren, die geholfen hätte, die Machtkonstellationen zu bilden, durch die man Umverteilung bewirken kann. Und in mancher Hinsicht leider wir noch immer darunter…“.
„…ich bin nicht optimistisch, das es gelingen könnte bedeutende Umverteilung mit Hilfe der Gerichte zu erreichen…“.
Ebenfalls in diesem Zusammenhang spricht Obama davon, dass der Supreme Court unter dem Vorsitz von Earl Warren (1953-1969)
„nicht so radikal war, wie ihn manche zu charakterisieren versuchen. Denn er brach nicht mit den wesentlichen Fesseln, die uns die Gründungsväter mit der Verfassung auferlegt haben“.
Diese Aussagen können die Spin-Meister der Obama-Kampagne kaum relativieren und umdeuten, wie sie dies sonst so meisterhaft verstehen. Sie zeigen ihn in ideologischer Nähe der Radikalen, die sein Kirche bevölkerten, deren Mitglied er 20 Jahre war, bis sein Opportunismus ihm dies verbot. Wie Gleichgesinnte klingen Obama und Father Michael Pfleger, wenn dieser die Erbsünde der weißen Amerikaner durch Umverteilung kompensieren will (im Video ab 0:45).
Obama will ein völlig anderes Amerika. Eine Amerika, in dem nicht die Schaffung von Vermögen, sondern dessen Umverteilung durch den Staat im Vordergrund steht – nicht Chancen-, sondern Ergebnisgerechtigkeit nach Maßgabe von „The One“ und seinen ideologischen Ziehvätern. Die Amerikaner lehnen diese Politik mit überwältigender Mehrheit ab. Wenn sie vor der Wahl stünden zu entscheiden, wie ihre Regierung die verschiedenen ökonomischen Probleme angehen soll, bevorzugen sie nach Maßgabe einer Umfrage von Gallup mit 84 % zu 13 % Schritte, die die grundlegenden wirtschaftlichen Bedingungen und den Arbeitsmarkt im Fokus haben. Schritte zur gleichmäßigeren Verteilung von Vermögen lehnen sie mit eben dieser Mehrheit ab.
Nicht nur die marxistische Terminologie in Obamas Interview („formale Rechte, Enteignete, Umverteilung“) ist erschreckend, sondern auch seine Einschätzung, die Gründungsväter der US-Verfassung hätten „Fesseln“ angelegt, mit denen man zum Zwecke der Schaffung eines gerechteren Gemeinwesens „brechen“ müsse. Er erachtet es gar als Niederlage der Bürgerrechtsbewegung, das dies nicht gelungen sei.
Es wirkt wie eine bloße Laune der Geschichte, dass ein Mann mit einem derartigen Verfassungsverständnis und einer gegenüber ihren Grundsätzen so arroganten und ablehnenden Haltung sich um das wichtigste Amt der Welt bewerben kann. Nie zuvor in seiner über 200jährigen Geschichte haben die Amerikaner einen Mann gewählt, dessen politische Vorstellungen dem amerikanischen Selbstverständnis so vollständig und offensichtlich zuwiderlaufen. Die freie Welt wäre gestraft, würden die Wähler für ihn entscheiden und „The Shining City On A Hill“ zu einem Experimentierfeld für die linken Theoreme eines ungetesteten Anfängers machen, der Amerika nach seinen utopischen Vorstellungen umerziehen will.
© Joachim Nikolaus Steinhöfel, Oktober 2008